# Zuversicht

Nachhaltigkeit – jetzt erst recht

Die Corona-Pandemie ist für Wirtschaft und Unternehmen ein Schockmoment. In der Folge könnte das Thema Nachhaltigkeit in den Hintergrund geraten – oder gerade jetzt ein Erfolgsfaktor werden.

Nachhaltigkeit stellt Gesellschaft und Wirtschaft vor große Herausforderungen. Wie schaffen wir eine lebenswerte Welt für Mensch und Natur? Der Künstler Manolo Paz regt mit bunten, zu Quadern aufgetürmten Fischernetzen zum Nachdenken an. Die Installation „Die Meere der Welt“ wurde im Sommer 2020 auf der Plaza de Fefiñáns im Ort Cambados an der Westküste Spaniens ausgestellt. Xurxo Lobato/Getty

„Wir durch­le­ben gera­de außer­ge­wöhn­li­che Zei­ten, und wir ste­hen vor einer außer­ge­wöhn­li­chen Her­aus­for­de­rung.“ So beginnt John F. Ken­ne­dy seine Rede im Mai 1961, in der er ankün­digt, dass weni­ger als zehn Jahre spä­ter ein Mensch auf dem Mond lan­den solle. Das schein­bar Unmög­li­che heizt einen Wett­lauf an, der gera­de ein­mal acht Jahre dar­auf das Unmög­li­che Rea­li­tät wer­den lässt und beweist, dass die Mensch­heit zu gro­ßen Schrit­ten fähig ist.

Für den schwe­di­schen Öko­sys­tem­for­scher Prof. Dr. Johan Rock­ström – Lei­ter des Pots­da­mer Insti­tuts für Kli­ma­fol­gen­for­schung, das wis­sen­schafts- und gesell­schafts­po­li­tisch wich­ti­ge Sach­ver­hal­te auf den Gebie­ten glo­ba­ler Wan­del, Kli­ma­fol­gen und nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung erforscht – ist die Situa­ti­on des Jah­res 1961 mit der aktu­el­len Lage ver­gleich­bar. „Nur dass wir heute ankün­di­gen, die Emis­si­on von Treib­haus­ga­sen bin­nen zehn Jah­ren um min­des­tens 50 Pro­zent zu redu­zie­ren.“ Zwar habe bis­lang kein Land die­sen nach­hal­tig­keits­po­li­ti­schen „Mond­flug“ in Angriff genom­men und auch kein hin­rei­chend umfas­sen­des poli­ti­sches Gesamt­kon­zept vor­ge­legt, doch spä­tes­tens die Coro­na-Pan­de­mie stel­le uns das letz­te Ulti­ma­tum. „Mit die­ser furcht­ba­ren Pan­de­mie ver­bin­det sich ein wich­ti­ges Signal: Wir sind – im Guten wie im Schlech­ten – nicht so sehr im Sta­tus quo gefan­gen, wie wir es oft­mals glau­ben.“

Krisen als Chance für nachhaltiges Handeln

Der welt­weit gefrag­te Kli­ma­ex­per­te betrach­tet den Stand der Dinge kri­tisch. „Gegen­wär­tig ist nichts zu sehen von jenen Ver­än­de­run­gen zur Sta­bi­li­sie­rung des Kli­mas und zur Ver­mei­dung wei­te­rer gefähr­li­cher Fol­gen mit unum­kehr­ba­ren Schä­den an unse­rem Lebens­er­hal­tungs­sys­tem – unse­rem Pla­ne­ten –, deren Not­wen­dig­keit die For­schung auf­ge­zeigt hat.“ Aller­dings habe in den letz­ten fünf Jah­ren ein tief­grei­fen­der Sin­nes­wan­del statt­ge­fun­den, in der Wirt­schaft werde Nach­hal­tig­keit ver­stärkt als stra­te­gi­sche Kern­auf­ga­be und als Wett­be­werbs­fak­tor wahr­ge­nom­men. „Diese zwei Trends müs­sen mit­ein­an­der ver­knüpft wer­den. Wir ste­hen an einer Weg­schei­de, man­che Unter­neh­men ergrei­fen mutig die Initia­ti­ve und nut­zen ihre Chan­ce, ande­re blei­ben zöger­lich und wer­den des­halb schon bald das Nach­se­hen haben.“

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind gemeinsam gefordert, neue Herangehensweisen und Lösungen umzusetzen.

Prof. Dr. Lucia ReischProf. Dr. Lucia Reisch
Professorin für Konsumverhalten und Verbraucherpolitik an der Copenhagen Business School und Sprecherin des Porsche Nachhaltigkeitsbeirats

Eine welt­wei­te Krise wie die Coro­na-Pan­de­mie könn­te nun der Start­schuss zum Gelin­gen die­ser Trans­for­ma­ti­on sein und somit eine Chan­ce für mehr Nach­hal­tig­keit bie­ten. „Poli­tik, Wirt­schaft und Gesell­schaft sind gemein­sam gefor­dert, neue Her­an­ge­hens­wei­sen und Lösun­gen umzu­set­zen“, sagt Prof. Dr. Lucia Reisch, Spre­che­rin des Por­sche Nach­hal­tig­keits­bei­rats. „Es ist rich­tig, gegen­wär­tig alle not­wen­di­gen Res­sour­cen für die Pan­de­mie-Bekämp­fung auf­zu­brin­gen. Es wäre aller­dings fahr­läs­sig, des­halb lang­fris­ti­ge und tie­fer­ge­hen­de Bedro­hun­gen, wie den glo­ba­len Kli­ma­wan­del, zu ver­drän­gen und die hier­für not­wen­di­gen Ände­run­gen zu blo­ckie­ren.“ Die Pro­fes­so­rin für Kon­sum­ver­hal­ten und Ver­brau­cher­po­li­tik an der Copen­ha­gen Busi­ness School erin­nert daran, dass wir alle aus den Feh­lern der Ver­gan­gen­heit ler­nen müs­sen, denn bereits im Jahr 2008 habe die Finanz­kri­se längst erreich­te Mei­len­stei­ne in der Kli­ma­po­li­tik um Jahre zurück­ge­wor­fen. Die Welt könne sich dies kein wei­te­res Mal leis­ten.

Thorsten Greb/PIK

Gerade weil die Pandemie trotz ihrer natürlichen Ursachen jetzt Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheitsempfinden des Menschen hat, könnte sie einen Wandel beschleunigen.

Prof. Dr. Johan Rockström
Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung

Trotz der genann­ten Gefah­ren neh­men Wis­sen­schaft­ler wie Rock­ström eine hoff­nungs­vol­le Hal­tung ein. „Aktu­ell bin ich eigent­lich recht opti­mis­tisch. Die vom Corona­virus aus­ge­lös­ten Umwäl­zun­gen eröff­nen nach und nach die Chan­ce, den Wie­der­auf­bau der Gesell­schaft so zu betrei­ben, dass sie am Ende nach­hal­ti­ger wirt­schaf­tet und weni­ger kri­sen­an­fäl­lig ist.“ Eines habe Covid-19 gezeigt: Es bestehe ein Zusam­men­hang zwi­schen den Ein­grif­fen des Men­schen in die natür­li­chen Lebens­räu­me und glo­ba­len Kri­sen wie der Coro­na-Pan­de­mie. In die­ser Erkennt­nis liege auch die posi­ti­ve Schub­kraft, so Rock­ström: „Gera­de weil die Pan­de­mie trotz ihrer natür­li­chen Ursa­chen jetzt Aus­wir­kun­gen auf Gesund­heit und Sicher­heits­emp­fin­den des Men­schen hat, könn­te sie einen Wan­del beschleu­ni­gen.“ Das bedeu­te kon­kret, dass die Wirt­schaft heute mehr denn je auf­ge­ru­fen sei, sich Lösun­gen für kli­ma­neu­tra­le Mobi­li­tät aus­zu­den­ken oder Res­sour­cen im Ein­klang mit der Natur zu nut­zen, damit auch zukünf­ti­ge Genera­tio­nen eine lebens­wer­te Welt vor­fin­den.

Nachvollziehbares Handeln statt Lippenbekenntnisse

Doch für viele Unter­neh­mer ste­hen ange­sichts der dra­ma­ti­schen wirt­schaft­li­chen Schä­den der Coro­na-Pan­de­mie im Moment Kos­ten­sen­kung und Liqui­di­tät an ers­ter Stel­le. Und denen wer­den Nach­hal­tig­keits­be­lan­ge oft unter­ge­ord­net. Dabei sei es gera­de jetzt für Unter­neh­men ent­schei­dend, Nach­hal­tig­keit als Erfolgs­fak­tor für die Zukunft ganz oben auf die Agen­da zu set­zen, sagt Bir­git Eng­ler, Part­ne­rin der Manage­ment­be­ra­tung Por­sche Con­sul­ting: „Wirt­schaft­lich erfolg­reich zu sein, bedeu­tet zukünf­tig glei­cher­ma­ßen, sei­ner gesell­schaft­li­chen und öko­lo­gi­schen Ver­ant­wor­tung gerecht zu wer­den. Jetzt ist die Zeit, um die Wei­chen in diese Rich­tung zu stel­len und Nach­hal­tig­keit im Unter­neh­men fest zu ver­an­kern.“ Dabei komme es auf Weit­sicht und wert­schaf­fen­des Wachs­tum statt kurz­fris­ti­ge Ergeb­nis­op­ti­mie­rung an. Schö­ne Worte und Lip­pen­be­kennt­nis­se rei­chen nicht aus. „Nach­voll­zieh­ba­res Han­deln und erleb­ba­re Resul­ta­te sind not­wen­dig, um glaub­wür­dig zu sein“, so Eng­ler.

Jetzt geht es an die Substanz.

Dr. René BackesDr. René Backes
Business Development Specialist BASF

Das bestä­ti­gen auch Exper­ten für nach­wach­sen­de Roh­stof­fe wie Dr. René Backes von BASF, dem nach Umsatz welt­weit größ­ten Che­mie­kon­zern. Der Busi­ness Deve­lop­ment Spe­cia­list ist in der schwe­di­schen Depen­dance des deut­schen Kon­zerns als „Scout“ im Ein­satz und sieht das Haupt­pro­blem im Bereich Öko­lo­gie: „Es sind die gigan­ti­schen Ener­gie- und Stoff­men­gen, die wir jetzt schon brau­chen. Wenn wir das decken wol­len, fin­den wir eigent­lich nur fos­si­les Öl als Roh­stoff.“ Und obwohl BASF seit den Neun­zi­ger­jah­ren sei­nen tota­len Treib­haus­gas­aus­stoß um 50 Pro­zent redu­zie­ren konn­te, bei gleich­zei­ti­ger Ver­dopp­lung der Pro­duk­ti­ons­men­ge, sei man nun an einem Punkt ange­kom­men, an dem es nicht mehr so ein­fach sei, wei­ter zu redu­zie­ren: „Weil wir aber noch viel bes­ser wer­den wol­len, geht es jetzt eben auch an die Sub­stanz.“

An die­ser Stel­le beginnt für René Backes die Arbeit. Der Che­mi­ker ist für BASF in der Regi­on Nor­dic im Ein­satz, um in Schwe­den, Nor­we­gen, Däne­mark und Finn­land buch­stäb­lich neue Pfade der Wert­schöp­fungs­ket­ten auf­zu­spü­ren: „Ich ver­su­che, Mög­lich­kei­ten für den Roh­stoff­wan­del zu iden­ti­fi­zie­ren – etwa wie wir Erdöl durch Recy­clingroh­stof­fe oder nach­wach­sen­de Bio­roh­stof­fe erset­zen kön­nen.“ Mit einer lang­fris­tig ange­leg­ten Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie sei es gelun­gen, BASF als Ansprech­part­ner Num­mer eins für nach­hal­ti­ge Che­mie­pro­duk­ti­on in Skan­di­na­vi­en zu eta­blie­ren. Laut Backes sei die Regi­on ande­ren Län­dern fünf bis zehn Jahre vor­aus und eine Art „Reagenz­glas“ für die Zukunft. So wür­den dort Lösun­gen gene­riert, die auf lange Sicht eine Vor­rei­ter­rol­le für die Ener­gie­ge­win­nung und damit auch die che­mi­sche Indus­trie welt­weit spie­len könn­ten. Doch dafür brau­che es Zeit und die Ein­sicht, Nach­hal­tig­keit als Grund­la­ge aller unter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen zu sehen.


Best Practices

Nach­hal­tig­keit ist kein ein­fa­ches Geschäft? Das sehen diese Unter­neh­men anders – und gehen mit gutem Bei­spiel voran.

Ganzheitlich
Fischerwerke – preisgekrönt

Fischer erhielt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2020 in der Kategorie Großunternehmen für seinen ganzheitlichen Ansatz sowie die Integration der Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie.

Ganzheitlich

Von Spielzeug bis Dübel, Fischer-Produkte entstehen auf allen Ebenen nachhaltig: mit Ökostrom, ressourcenschonend und teils mit biobasierten Rohstoffen. Gesellschaftliche Belange werden ebenso berücksichtigt wie die Arbeitsqualität und -sicherheit sowie die Wirtschaftlichkeit. Ein Nachhaltigkeitskompass überwacht die Verbindung von Strategie und Zielen.

Erneuerbar
Stora Enso setzt auf Nachwuchs

Das finnisch-schwedische Forstunternehmen gilt als Vorreiter der Bioökonomie und ist ein weltweit führender Anbieter von erneuerbaren Lösungen.

Erneuerbar

Verpackungen, Biomaterialien, Holzbau, Papier: Stora Enso entwickelt Produkte und Technologien, die auf erneuerbaren Materialien basieren. Dieser nachhaltige Ansatz bestimmt die gesamte Wirtschaftskette: von der Wahl der Lieferanten bis zur Beratung der Kunden und Berichterstattung an Investoren.

Reinheit
Frosta – Natur innen und außen

Der deutsche Tiefkühlkosthersteller ist Meister im Verzichten: Das firmeneigene Reinheitsgebot verbietet jegliche Zusatzstoffe.

Reinheit

2003 beginnt Frosta eine konsequente Strategie: Gerichte 100%ig frei von Zusatzstoffen und 100%ig ehrlich – für jede Zutat wird die genaue Herkunft angegeben. Und außen? Seit 2016 verwendet Frosta Plastikverpackungen aus nur einem Stoff, der sich besser recyceln lässt. 2020 führte das Unternehmen den ersten Papierbeutel für die Tiefkühltruhe ein.

Recycling
Adidas bringt Plastik in Mode

Adidas ist weltbekannt für Sportbekleidung, Sportausrüstung und Schuhe. Bis 2021 soll der erste vollständig recycelbare Schuh entstehen.

Recycling

Mehr als die Hälfte der Adidas-Produkte enthalten bereits recyceltes Plastik aus aufbereiteten Kunststoffabfällen von Stränden und Küstenregionen. Mit einem neuen Laufschuh aus 100%ig wiederverwendbarem Material soll ein geschlossener Kreislauf ermöglicht werden: ein Schuh, der immer wieder neu entsteht – ohne Abfall.

Kreislauf
SKF – alles ist im Fluss

Wiederaufbereitung statt Austausch: Das schwedische Unternehmen SKF (Svenska Kullagerfabriken) ist ein Vorbild in Sachen Kreislaufwirtschaft.

Kreislauf

Ob Wälzlager, Schmiersysteme oder Dichtungen – dank fortschrittlicher technischer Zustandsüberwachung wird frühzeitig repariert statt entsorgt. Im Vergleich zur Herstellung neuer Lager wird bei der Wiederaufbereitung 80 Prozent weniger Strom benötigt. Auch Kosten, Zeit und Material können um 20 bis 50 Prozent reduziert werden.

Wir wollen die umweltfreundlichsten Batterien der Welt bauen.

Emma NehrenheimEmma Nehrenheim
Chief Environmental Officer Northvolt

Mitarbeiter als mächtigster Faktor

Das Selbst­ver­ständ­nis von Nach­hal­tig­keit als Wett­be­werbs­fak­tor kann sich in Unter­neh­men vor allem dann ent­wi­ckeln, wenn es in der Unter­neh­mens­stra­te­gie ver­an­kert ist. Ein Erfolgs­bei­spiel dafür ist North­volt. Das schwe­di­sche Start-up will Euro­pas größ­ter Fabri­kant für Bat­te­rie­zel­len und ‑sys­te­me wer­den und damit die Trend­wen­de zur E‑Mobilität ermög­li­chen. „Wir wol­len die umwelt­freund­lichs­ten Bat­te­ri­en der Welt bauen“, erklärt Emma Neh­ren­heim, Chief Envi­ron­men­tal Offi­cer. Dafür habe das Unter­neh­men eine Gesamt­stra­te­gie ent­wi­ckelt, in der Nach­hal­tig­keit als Schlüs­sel auf viel­fäl­ti­ge Weise ver­an­kert ist. Die Ent­wick­lung einer Kreis­lauf­wirt­schaft, in der zukünf­tig ein Groß­teil der Roh­stof­fe aus recy­cel­ten Alt-Bat­te­ri­en stammt, ist dabei nur ein Aspekt. Mit Nach­hal­tig­keits­teams in allen Unter­neh­mens­be­rei­chen will North­volt den öko­lo­gi­schen Fuß­ab­druck sowohl der Pro­duk­te als auch der Fabri­ken und des Unter­neh­mens als Gan­zem klein hal­ten. Dazu bei­tra­gen sol­len unter ande­rem die aus­schließ­li­che Ver­wen­dung von Öko­strom sowie Stan­dards bei der Beschaf­fung von Roh­stof­fen. Zudem haben alle 700 Mit­ar­bei­ter im Unter­neh­men den Wert von Nach­hal­tig­keit erkannt und in ihr täg­li­ches Han­deln als selbst­ver­ständ­lich über­nom­men. Das, so Neh­ren­heim, sei der mäch­tigs­te Fak­tor: „Wir alle tun alles mit einer lang­fris­ti­gen Per­spek­ti­ve, um die Umwelt­pro­ble­me von mor­gen nicht heute zu ver­ur­sa­chen.“

Porsche Consulting/Marco Prosch

Nachhaltigkeit muss Teil der Unternehmensstrategie sein, über Ziele und wirksame Initiativen greifbar gemacht und in Strukturen, Prozessen und in der Unternehmenskultur verankert werden.

Birgit Engler
Partnerin der Managementberatung Porsche Consulting

Erfol­ge ein­zel­ner Unter­neh­men seien wich­ti­ge Leucht­tür­me, aber um einen aus­schlag­ge­ben­den Effekt erzie­len zu kön­nen, müsse jeder einen Bei­trag leis­ten, mahnt Sustai­na­bi­li­ty-Exper­tin Bir­git Eng­ler. Die Bera­te­rin sieht trotz der unsi­che­ren Zei­ten die Not­wen­dig­keit, Nach­hal­tig­keit kon­se­quent wei­ter vor­an­zu­trei­ben, in allen Aspek­ten des wirt­schaft­li­chen Han­delns zu ver­an­kern und Men­schen zum Umden­ken zu moti­vie­ren. Die aktu­el­le Zäsur biete gute Mög­lich­kei­ten, bestehen­de Sys­te­me und gewohn­te Prak­ti­ken zu hin­ter­fra­gen und neu aus­zu­rich­ten: „Nach­hal­tig­keit muss Teil der Unter­neh­mens­stra­te­gie sein, über Ziele und wirk­sa­me Initia­ti­ven greif­bar gemacht und in Struk­tu­ren, Pro­zes­sen und in der Unter­neh­mens­kul­tur ver­an­kert wer­den. Gelingt Unter­neh­men die über­zeu­gen­de Ver­bin­dung aus wirt­schaft­li­cher Höchst­leis­tung, geleb­ter sozia­ler Ver­ant­wor­tung und kon­se­quen­ter Redu­zie­rung der öko­lo­gi­schen Aus­wir­kun­gen, stellt dies einen ech­ten Mehr­wert dar.“ Mit­ar­bei­ter- und Kun­den­bin­dung, bes­se­rer Zugang zu Fremd­ka­pi­tal, Erschlie­ßung neuer Geschäfts­fel­der und die lang­fris­ti­ge Stei­ge­rung von Unter­neh­mens­wert und Kri­sen­re­si­li­enz seien Bei­spie­le für Wett­be­werbs­vor­tei­le durch Nach­hal­tig­keit.

Rock­ström kri­ti­siert fer­ner, dass der Begriff Nach­hal­tig­keit immer noch zu eng aus­ge­legt werde. Man dürfe nicht län­ger die Augen davor ver­schlie­ßen, dass sozia­le, öko­no­mi­sche und öko­lo­gi­sche Phä­no­me­ne mit­ein­an­der ver­floch­ten seien. Genau das habe Covid-19 doch gezeigt. Und jetzt sei es an der Zeit, ent­spre­chend zu han­deln und einen wei­te­ren gro­ßen Schritt für die Mensch­heit zu gehen.

Kurz erklärt

Standards für Nachhaltigkeit

Standards helfen dabei, Nachhaltigkeit mit konkreten, nachvollziehbaren Zielen zu verknüpfen und Ergebnisse international messbar und vergleichbar zu machen. Einige Standards sind bereits gut etabliert:
Ziele: Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (engl. Sustainable Development Goals – SDG) der Vereinten Nationen wurden für alle UN-Mitgliedsstaaten beschlossen und gelten seit 2016 mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2030. Der Katalog umfasst unter anderem Zielsetzungen auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene. Ziele wie die Gleichstellung der Geschlechter, menschenwürdige Arbeit und der Schutz von Landökosystemen können auch von Unternehmen als handlungsleitend herangezogen werden. Berichte: Standardisierung und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten ist das Ziel der Global Reporting Initiative (GRI). Mit bestimmten Kennzahlen und Indikatoren zu wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten sollen die GRI-Richtlinien Firmen, Regierungen, Investoren, Arbeitnehmern und einer interessierten Öffentlichkeit vergleichbare Entscheidungs- und Orientierungshilfen bieten. Anlagekriterien: Nachhaltigkeit als Faktor des Unternehmenswerts soll durch die drei ESG-Kriterien für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance) messbar gemacht werden. Der Standard wird insbesondere von Kapitalanlegern genutzt und ist oft entscheidend dafür, ob bestimmte Aktien in nachhaltige Investmentportfolios aufgenommen werden oder nicht. Wertbeiträge: Ein Standard, der die Wertbeiträge von Unternehmen in ökologischer, menschlicher, sozialer und finanzieller Hinsicht sichtbar macht und die Folgen auf die Gesellschaft und das Ökosystem bewertet – das ist das Ziel der gemeinnützigen Value Balancing Alliance e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main. Unternehmen wie Volkswagen, BASF, Bosch, Deutsche Bank oder SAP sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die OECD haben sich in der industrieübergreifenden Allianz zusammengeschlossen, um standardisierte und damit vergleichbare Kennzahlen zu erarbeiten.
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